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Unterschätztes Multitalent Efeu

Foto: NABU/H. May
Foto: NABU/H. May

Jedes Kind kennt Efeu. Er wächst in fast jedem Garten; in Frankfurt sowie auf dem Dorf bedeckt er Mauern oder klettert an Bäumen hinauf. Leider hat der Efeu trotz seiner vielen Vorteile mit einem großen Imageproblem zu kämpfen und wird häufig nicht gern gesehen. Eine Umfrage unter Insekten hingegen würde dem Efeu im Herbst sicherlich die höchsten Beliebtheitswerte garantieren. Denn die Kletterpflanze blüht bis weit in den November hinein, wenn sonst nur noch wenige Nektarquellen zur Verfügung stehen. Damit lockt sie zahlreiche dankbare Gäste an: Von Ameisen über Fliegen, Schwebfliegen aller Art, Falten- und Solitärwespen, Bienen wie die auf Efeu spezialisierte Efeusandbiene bis hin zu Schmetterlingen wie Admiral oder Tagpfauenauge und Wanzen - alle besuchen den reich gedeckten Tisch.

Auch nach der Blüte bleibt Efeu eine wichtige Nahrungsquelle. Zwischen Januar und April trägt der Efeu kleine blaue Früchte, die als Winterfutter dankbar von den hierbleibenden Standvögeln, vor allem von Staren, Amseln und anderen Drosseln aber auch von Rotkehlchen, gerne gefressen werden. Und im nächsten Frühjahr bietet das Laub wieder Unterschlupf für Insekten sowie Brutmöglichkeiten für Vögel wie Amsel, Zaunkönig, Sommergoldhähnchen oder Zilpzalp. Der NABU appelliert daher an private Gartenbesitzer*innen, Gartenämter und -baubetriebe, der immergrünen und ökologisch wichtigen Kletterpflanze nicht nur in Gärten, sondern generell im Siedlungsbereich mehr Raum zu geben.

In Innenstädten mit wenig Freiflächen sind Efeuwände nicht nur wichtige Kleinbiotope und Garanten für Artenvielfalt. Darüber hinaus haben sie hervorragende positive lokalklimatische, luftreinigende und natürlich ästhetische Aspekte. Ähnlich wie bei Bäumen mildern Efeublätter Temperaturextreme und filtern Feinstaub aus der Luft. Außerdem erzeugt Efeu durch Verdunstung einen deutlich messbaren Kühlungseffekt an Gebäuden. Da die Pflanze nur geringe Ansprüche an Boden, Licht und Wasserversorgung stellt - es darf nur nicht zu trocken sein - wächst sie auch dort gut, wo für Bäume kein Platz ist. Einige Städte setzen deshalb bei Begrünungen bereits auf Efeu. Aus stadtklimatischer Sicht sei es äußerst sinnvoll, die Begrünung mit Efeu zu fördern und insbesondere in zukünftigen Stadtbegrünungskonzepten stärker zu berücksichtigen, so der NABU.

An historischen Häuserfassaden kann eine Bepflanzung mit Efeu wie ein natürlicher Schutzschild dienen. Er filtert den Feinstaub und die Schadstoffe aus der Luft und schützt somit die Fassade vor Schmutzeinwirkung. Doch gerade Hausbesitzende sehen Efeu meist kritisch und befürchten Schäden an ihren Gebäuden. Dabei können die Haftwurzeln dieses Kletterers eigentlich keinen Schaden anrichten. Nur wenn das Mauerwerk brüchig und verwittert ist oder der Putz bröckelt, ist Vorsicht geboten. In größere Fugen kann sich nämlich Erde einlagern, in die verholzenden Triebe geraten können. Durch das Dickenwachstum der Triebe können sich die Fugen vergrößern oder vorgeschädigtes Mauerwerk abplatzen. Neuere Kalkzementputze nach DIN 18550 halten jedoch jedem Bewuchs stand. Auch Dachschindeln kann Efeu nur dann anheben, wenn hinter der Öffnung Licht lockt. Sonst gibt es auch hier keine Bohreffekte.

Die immergrüne Pflanze nutzt auch Bäume als Kletterhilfe. Entgegen seinem Ruf stellt Efeu dort aber ebenfalls keine große Gefahr dar, da seine Haftwurzeln nicht in die Leitungsbahnen des Baumes eindringen können. Zudem erwürgt Efeu, entgegen der verbreiteten Vorurteile, keine Bäume. Er ist keine parasitäre Pflanze, die den Bäumen Nährstoffe entzieht. Zu beachten ist jedoch, dass Efeu dem Baum das Licht zum Wachsen nehmen kann. Auch das Eigengewicht des Efeus kann eine zusätzliche statische Belastung darstellen. Ist der Trägerbaum jedoch groß, stabil und besitzt eine ausladende Krone, besteht keine Gefahr durch Einsturz oder Lichtmangel.

Bis Efeu zur Blüte kommt, vergehen acht bis zehn Jahre. Er kann über 200 Jahre alt werden und über 20 Meter hoch klettern. Die in der Jugend langsam wachsende Pflanze, die später bis zu zwei Meter pro Jahr austreibt, bildet zunächst nur Klettertriebe mit den typischen drei- bis fünflappigen Blättern. Erst im Alter bilden sich überhängende, kletterwurzelfreie Blütentriebe mit rundlichen Blättern. Efeu ist übrigens „lichtscheu“, das heißt, die Triebe wachsen bevorzugt auf der dem Licht abgewandten Seite. Deshalb gedeiht er im Halbschatten und im Schatten besser als in der prallen Sonne oder an strahlend hellen Wänden.